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Das Online-Geschäft boomt! Nicht erst seit der Corona-Pandemie setzen Unternehmen verstärkt auf den Vertriebsweg Internet. Wo gekauft wird, muss auch bezahlt werden. Paypal hat das Online-Bezahlen revolutioniert und die Branche wachgerüttelt - Embedded Finance hat Einzug in das Tagesgeschäft der Banken gehalten. Das Beispiel zeigt: Finanzdienstleister müssen sich dem gesellschaftlichen Wandel anpassen. Höher, weiter, besser - die Schnelllebigkeit der Gesellschaft gibt den Takt vor, die Kunden bestimmen, wie Plattformen, Websites und Apps aussehen sollen. Doch sind Banken und Versicherungen bereit, dieses Tempo mitzugehen? Werden sie künftig im Konzert der Großen mitspielen oder nur neidisch zuschauen?

In der adesso Digital-Commerce-Studie wurden über 1.000 Kundinnen und Kunden zu ihrem Kaufverhalten bei Finanz- und Versicherungsprodukten sowie 300 Entscheider aus der Banken- und Versicherungsbranche befragt. Wir wollten wissen: Was wünschen sich die Kundinnen und Kunden und was können die Unternehmen heute schon dafür tun? Wo gibt es signifikante Unterschiede und wo bedienen die Anbieter ihre Kundinnen und Kunden bereits auf hohem Niveau? Diese Erkenntnisse haben wir in vier Themenfelder gebündelt: Nachhaltigkeit, Service, Online vs. Offline, Kundengewinnung und -bindung.

Um einen Vorgeschmack auf die Studie zu geben, gehe ich im Folgenden exemplarisch auf die Bereiche „Nachhaltigkeit“ und „Online vs. Offline“ ein. Abschließend fasse ich im Fazit die wichtigsten Erkenntnisse zusammen.

Nachhaltige Finanzprodukte: Hohe Bereitschaft für höhere Preise

Nachhaltigkeit ist zum Modewort geworden. In fast allen Branchen ist es in aller Munde. Unternehmen werben mit nachhaltigen Produkten und wollen sich als klimafreundlich positionieren. Doch was bedeutet Nachhaltigkeit für Kundinnen und Kunden? Wären sie bereit, für klimaneutrale und nachhaltige Finanzprodukte einen angemessenen Beitrag zu zahlen? Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in der Unternehmensstrategie? Das wollten wir unter anderem von Kundinnen und Kunden sowie Entscheidungsträgerinnen und -trägern wissen.

Fest steht: Knapp zwei Drittel der Befragten sind bereit, für Klimaneutralität und nachhaltige Finanzprodukte einen angemessenen Beitrag zu zahlen (60 Prozent). Nur 32 Prozent würden dies eher nicht oder auf keinen Fall tun. Wer nachhaltig handelt und entsprechende Lösungen anbietet, kann sein Image aufpolieren: Fast jeder Zweite sagt, dass nachhaltiges Handeln Banken sympathischer macht (46 Prozent). Ähnlich sieht es bei Versicherungen aus (44 Prozent). Allerdings wird nachhaltiges Handeln noch lange nicht als etablierter Standard wahrgenommen. Nur wenige sagen, nachhaltig agierende Banken seien Standard (15 Prozent), bei Versicherungen sind es noch weniger (13 Prozent).

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass zwei Drittel der Entscheiderinnen und Entscheider sagen: Unsere Bank-/Versicherungsstrategie ist auf Nachhaltigkeit ausgerichtet oder zumindest ein Teil davon (66 Prozent). Ärgerlich ist nur, wenn Kundinnen und Kunden diese strategische Ausrichtung nicht erkennen können. Mangelnde Kommunikation seitens der Banken und Versicherungen? Mangelnde Transparenz? Die Gründe können vielfältig sein.

Gap-Alert - wenn Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen

Hier zeigen sich also deutliche Unterschiede in der Wahrnehmung. Diese Diskrepanz haben wir in unserer Studie als „Gap-Alert“ bezeichnet. Wir zeigen die Diskrepanz zwischen dem, was die Kundinnen und Kunden wollen und dem, was die Unternehmen präsentieren. In diesem Beispiel lautet der Gap-Alert: Potenziale für nachhaltige Finanzprodukte liegen brach. Die Bereitschaft, für nachhaltige Lösungen mehr zu bezahlen, ist vorhanden - die Chance, diese Kundenwünsche explizit anzusprechen und damit potenzielle Neukundinnen und Neukunden zu gewinnen, wird jedoch verpasst.

Wie können Unternehmen das ändern? Nachhaltigkeit muss als Vertriebshebel genutzt werden. Die Krux: Derzeit sichern sich Finanzdienstleister damit noch einen Wettbewerbsvorteil am Markt. Künftig werden jedoch verschiedene EU-weite regulatorische Vorgaben den Umgang mit nachhaltigen Maßnahmen stärker bestimmen. Damit verlieren die heutigen Aktivitäten ihr Alleinstellungsmerkmal.

Von großer Bedeutung ist auch die Kommunikation mit den Kundinnen und Kunden. Knapp ein Fünftel (17 Prozent) der Kundinnen und Kunden würde von papierbasierter auf digitale Kommunikation umsteigen. Allerdings sprechen nur 5 Prozent der Unternehmen ihre Kundinnen und Kunden gezielt auf eine Umstellung an. Auch wenn diese Werte nur einen kleinen Teil der Befragten repräsentieren - hier wird definitiv Potenzial verschenkt, Kosten zu sparen und nachhaltiger zu agieren.

Je jünger die Zielgruppe, desto höher die Online-Nutzung

Schauen wir uns nun das Online- und Offline-Verhalten der Kundinnen und Kunden sowie der Unternehmen an. Meine Vermutung ist - und die eine oder der andere kennt das sicher -: Die Suche nach Finanz- oder Versicherungsangeboten findet häufig online statt. Schließlich kann ich mich so am schnellsten bei verschiedenen Anbietern informieren. Hat man dann das passende Angebot gefunden, wird der Vertrag gerne in einer Filiale abgeschlossen. Viele bevorzugen den persönlichen Austausch und direkte Ansprechpartner oder Ansprechpartnerinnen, die sie bereits persönlich kennengelernt haben. Soweit die Vermutung. Doch was sagen unsere Befragten?

Knapp jeder Dritte (60 Prozent) schließt Versicherungen online ab, immerhin jeder Zweite (50 Prozent) eröffnet Konten online. Bei der Frage „online oder offline?“ spielt neben der persönlichen Präferenz auch das Alter eine Rolle. Vor allem die Altersgruppe der unter 45-Jährigen nutzt digitale Vertriebslösungen wie Anbieterwebsites, Vergleichsportale oder Online-Banking häufiger als die Filiale vor Ort. Bei den über 55-Jährigen ist die Bankfiliale die beliebteste Informationsquelle (40 Prozent), während sich bei den 18- bis 44-Jährigen nur rund ein Fünftel vor Ort in der Filiale informiert.

Nutzfreundlichkeit von Websites: Banken schneiden besser ab als Versicherungen

Je mehr Menschen sich online über Finanz- oder Versicherungsdienstleistungen informieren, desto nutzerfreundlicher sollten die Websites gestaltet sein. Drei beispielhafte Werte zeigen: Bei Versicherungen ist noch Luft nach oben.

  • 46 Prozent der Befragten sagen, dass sie sich auf der Website ihres Versicherers problemlos zurechtfinden
  • 47 Prozent empfinden die Website als übersichtlich und gut strukturiert
  • 34 Prozent können die Website ihres Versicherers gut mit dem Handy nutzen

Banken schneiden in diesen Punkten besser ab.

  • 65 Prozent sagen, sie finden sich auf der Website ihrer Bank problemlos zurecht
  • 65 Prozent empfinden die Website als übersichtlich und strukturiert
  • 50 Prozent können die Website ihrer Bank gut mit dem Handy nutzen

Interessant: 60 Prozent der Entscheiderinnen und Entscheider von Banken und Versicherungen geben an, ihre Produkte und Dienstleistungen vor Ort in der Filiale oder über Vermittler/Makler zu vertreiben. Online ist also nicht der Vertriebskanal Nummer eins. Die App schneidet mit 37 Prozent vergleichsweise schlecht ab, die Website liegt als Vertriebskanal immerhin noch bei 51 Prozent. Um die Customer Journey zu verbessern, haben sich die Unternehmen für die kommenden Monate einiges vorgenommen. Ein Drittel der Entscheiderinnen und Entscheider will die Serviceangebote verbessern (33 Prozent), 27 Prozent geben an, ihre On-/Offline-Vertriebsstrategie überarbeiten zu wollen, 13 Prozent wollen einen Chatbot aufbauen oder optimieren.

Eine wichtige Erkenntnis aus diesen Zahlen ist: Banken und Versicherungen verschenken Vertriebsmöglichkeiten auf Websites und bei mobilen Angeboten. Kundinnen und Kunden bewegen sich immer mehr Richtung Online-Abschluss. Vor allem die jüngere Generation wird in Zukunft verstärkt Online-Kanäle nutzen und dort Verträge abschließen. Versicherungsdienstleister haben in Sachen „online“ dringenden Nachholbedarf. Websites könnten strukturierter gestaltet werden, mobile Apps könnten einladender sein. Auch wenn der Vertrieb bereits online angeboten wird, kommen die Angebote bei den Kundinnen und Kunden nicht an.

Quo vadis Digital Commerce?

Die Digital-Commerce-Studie umfasst weit mehr Fragen als die von mir beispielhaft genannten. Aber auch sie zeigen, wie groß die Lücke zwischen Kundenwünschen und tatsächlichem Angebot ist. Für das Thema Nachhaltigkeit heißt das konkret: Nachhaltigkeit darf ihren Preis haben! Banken und Versicherungen gewinnen mit nachhaltigen Produkten nicht nur an Ansehen bei ihren Kundinnen und Kunden, sie sind auch bereit, dafür mehr zu bezahlen. Im Themenfeld „Online vs. Offline“ werden Produkte und Dienstleistungen überwiegend vor Ort, also offline, abgeschlossen. Die Kundinnen und Kunden wünschen sich aber zunehmend Lösungen, die unkompliziert und online angeboten werden.

„Digital First“ muss der Weg der Finanzdienstleister sein. Dabei können wir unterstützen. Wir beraten Banken und Versicherer für eine besseres Kundenerlebnis – ob im Web oder in der App. Digitale Plattformen optimieren wir gemeinsam mit ihnen oder setzen sie komplett neu auf. Wir begleiten Finanzdienstleister bei der technischen Transformation ihrer IT-Landschaft. Unser komplettes Portfolio und erste Kontaktpersonen findet ihr für Banken und für Versicherungen auf unserer Webseite.

Quo vadis Digital Commerce – so lautet der Titel unserer Studie. Wo es hin geht, können die Banken und Versicherer selbst entscheiden, in dem sie die Kundenbedürfnisse berücksichtigen. Wer sich anpasst, spielt im Konzert der Großen mit. Wer darin besonders gut ist, kann sogar selbst den Takt vorgeben – sowohl für Kundinnen Kunden als auch für die Konkurrenz. Paypal lässt grüßen. Ich wünsche viel Spaß und gute Erkenntnisse beim Lesen der Studie!

Zur Studie

Noch mehr spannende Insights findest du in unserer Sammlung von Blog-Beiträgen zum Thema Digital Commerce.

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Bild Markus Borgmann

Autor Markus Borgmann

Markus Borgmann ist Content Marketing Manager bei adesso. Zuletzt sammelte er mehre Jahre Berufserfahrung bei einer großen deutschen Forschungseinrichtung sowie in einer Kommunikationsagentur für Technik, Health und Life Sciences. Für adesso setzt er IT-Themen in multimediale Inhalte um.

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