21. Juli 2025 von Nehir Safak-Turhan
Der Zahlungsverkehrsmarkt im Umbruch – Regulatorik, Liberalisierung und digitale Geschäftsmodelle
Der europäische Zahlungsverkehr befindet sich mitten in einem Transformationsprozess. Die neuen Regulierungsinitiativen PSR (Payment Services Regulation) und PSD3 (Payment Services Directive 3) sind Teil eines Pakets von Maßnahmen der Europäischen Kommission zur Modernisierung, Liberalisierung und Stärkung des Zahlungsverkehrsmarktes. PSR regelt unmittelbar anwendbare Marktverhaltensregeln, beispielsweise die Abwicklung von Zahlungen oder die Pflichten gegenüber Kundinnen und Kunden, während PSD3 die aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen umfasst, die in nationales Recht umzuwandeln sind. Die Initiativen zielen darauf ab, europaweit mehr Einheitlichkeit, einen besseren Verbraucherschutz und mehr Sicherheit im digitalen Zahlungsverkehr zu gewährleisten. Neben den Herausforderungen, die mit der Umsetzung der Richtlinien einhergehen, entstehen im Zahlungsverkehrswesen auch neue Chancen für innovative Geschäftsmodelle: Open Banking beziehungsweise Open Finance erhält Rückenwind. In diesem Blog-Beitrag untersuche ich, welche Auswirkungen die neuen regulatorischen Veränderungen auf die Branche haben.
Der europäischer Plan – Harmonisierung und Sicherheit als Treiber
Mit den neuen Richtlinien reagiert die EU auf die digitale Ära im Zahlungsverkehr. Sie unterstützt den Finanzsektor bei seiner Transformation, indem sie einheitliche Spielregeln für den Übergang vorgibt. Denn der Markt für Zahlungsdienstleistungen hat sich in den letzten Jahren erheblich verändert. Elektronische Zahlungen haben stetig zugenommen und im Jahr 2021 einen Wert von 240 Billionen Euro erreicht (im Vergleich zu 184,2 Billionen Euro im Jahr 2017). Neue Zahlungsverkehrsdienstleiter sind auf den Markt gekommen, digitale Technologien im Zahlungsverkehr haben einen neuen Hype erlebt und innovative Geschäftsmodelle wie Open Banking beziehungsweise Open Finance haben die Notwendigkeit eines neuen Regelwerks hervorgehoben. Auch die Entstehung komplexerer Betrugsarten, die Verbraucher gefährden und Systemrisiken implizieren, ist ein Grund für ein europaweites Handeln.
Mit den neuen Regularien sollen die Rahmenbedingungen für den Verbraucherschutz und den Wettbewerb bei elektronischen Zahlungen verbessert sowie Sicherheit und Vertrauen in den europäischen Zahlungsverkehrsmarkt gestärkt werden. Auch die Liberalisierung und Öffnung des Zahlungsverkehrswesens zur verbesserten Versorgung sowie zur Belebung des Wettbewerbs werden als Motive aufgeführt. Ein genauerer Blick auf die beiden Begrifflichkeiten schärft das Verständnis.
PSR & PSD3 – Die neuen Richtlinien regeln den Zahlungsverkehr
PSR dient als Rahmenwerk und Verordnung über Zahlungsdienste. Sie regelt, wie Zahlungen abgewickelt werden und welche Pflichten gegenüber Verbrauchern einzuhalten sind. Ziel ist die Vereinheitlichung des Marktverhaltens, der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher und die Förderung von Open Banking als innovatives Geschäftsmodell. Die PSD3 ist eine EU-Richtlinie, die lizenz- und aufsichtsrechtliche Inhalte umfasst. Diese müssen von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Während die PSD3 die PSD2 ablöst, ist die PSR eine erstmals direkt in allen EU-Staaten geltende Verordnung. Somit ist die PSR direkt geltendes EU-Recht, das keiner weiteren nationalen Richtlinie bedarf. Mit diesen neuen Regularien gibt die EU die Rahmenbedingungen für das Zahlungswesen in Europa vor und bezweckt die Erreichung folgender Ziele:
- Zahlungsbetrug bekämpfen und eindämmen: Zahlungsdienstleister sollen in der Lage sein, betrugsbezogene Informationen untereinander auszutauschen. Des Weiteren sollen Verbraucherinnen und Verbraucher besser sensibilisiert, die Vorschriften für die Kundenauthentifizierung verschärft, sowie die Erstattungsrechte von Betrugsopfern ausgeweitet werden. Ein System zur Überprüfung der Übereinstimmung der IBAN-Nummern der Zahlungsempfänger mit ihren Kontonamen für alle Überweisungen gilt es verbindlich einzurichten.
- Verbesserung der Verbraucherrechte und Transparenz: Durch die Schaffung von einheitlichen Transparenzregeln sollen Verbraucherinnen und Verbraucher geschützt und die Sicherheit erhöht werden, beispielsweise in Fällen, in denen Verbrauchergelder vorübergehend gesperrt sind. Zudem sollen Kontoauszüge und Informationen über ATM-Gebühren transparenter werden.
- Angleichung der Wettbewerbsbedingungen zwischen Banken und Nichtbanken: Dies soll insbesondere durch die Gewährung des Zugangs zu allen Zahlungssystemen in der EU für Nicht-Bank-Zahlungsdienstleister mit angemessenen Garantien sowie durch die Sicherung ihrer Rechte auf ein Bankkonto erreicht werden. Dadurch wird die Liberalisierung des Zahlungsverkehrsmarktes durch Senkung der Eintrittsbarrieren für Nicht-Banken gefördert.
- Förderung der Innovationsfähigkeit zur Schaffung digitaler Finanzdienste: Open Banking beziehungsweise Open Finance als Geschäftsmodell wird durch gezielte Beseitigung verbleibender Hindernisse für die Bereitstellung offener Bankdienstleistungen verbessert, wodurch neue innovative Dienste in den Markt eintreten können.
- Verbesserung der Geldversorgung: Insbesondere geht es um die Verfügbarkeit von Bargeld in Geschäften und an Geldautomaten. Beispielsweise sollen Einzelhändler die Möglichkeit erhalten, Bargelddienstleistungen für Kunden zu erbringen, ohne dass ein Kauf erforderlich ist. Außerdem sollen die Vorschriften für unabhängige Geldautomatenbetreiber präzisiert werden.
- Stärkung, Harmonisierung und Durchsetzung Zahlungsverkehrsdienste: Die soll erreicht werden, indem die meisten Zahlungsregeln in eine unmittelbar anwendbare Verordnung aufgenommen und die Bestimmungen über die Umsetzung und Sanktionen verschärft werden.
Innovative Lösungen für den Finanzsektor – heute und morgen
Die Finanzbranche steht unter hohem Innovations- und Regulierungsdruck. Wir unterstützen Banken und Finanzdienstleister dabei, diese Herausforderungen in Chancen zu verwandeln – mit fundierter Branchenexpertise, technologischer Exzellenz und praxiserprobten Lösungen. Ob digitale Transformation, Regulatorik, Zahlungsverkehr oder Open Banking: adesso begleitet euch ganzheitlich auf dem Weg in eine zukunftsfähige Finanzwelt.
Entdeckt unsere Leistungen für Banken und Finanzdienstleister
Banken und Finanzdienstleister sind in der Pflicht!
Die Europäische Kommission hat die Payment Services Regulation (PSR) und die Payment Services Directive 3 (PSD3) am 28. Juni 2023 vorgestellt. Die endgültige Verabschiedung durch das EU-Parlament und den Rat wird im Laufe des Jahres 2025 erwartet, die Anwendung erfolgt in den Jahren 2026–2027. Damit werden die Verordnungen als regulatorische Maßnahme verpflichtend. Mit der Einführung der neuen Verordnungen kommen auf Banken und Zahlungsdienstleister zahlreiche neue und erweiterte Pflichten zu. Diese betreffen sowohl technische und organisatorische Anforderungen als auch Pflichten gegenüber Kundinnen und Kunden sowie Behörden. Insbesondere in den Bereichen Betrugsprävention, Haftung und Infrastruktur werden Banken und Finanzdienstleister stärker in die Pflicht genommen. Folgende Aspekte sind als unmittelbare Folgen zu beachten:
- (1) Betrugsprävention und Sicherheit: Diese impliziert die Echtzeitüberwachung von Transaktionen zur Erkennung von Betrugsfällen, inklusive der Verpflichtung der Zusammenarbeit mit anderen Zahlungsdienstleistern und Behörden zur Bekämpfung und Eindämmung. Sie erfordert das Angebot und die Bereitstellung von Sicherheitsstandards für Authentifizierung sowie die Pflicht zur Veröffentlichung von Betrugsstatistiken und Sicherheitsmaßnahmen.
- (2) Schutz und Stärkung der Verbraucherrechte: Finanzdienstleister werden in die Pflicht genommen, bei nicht autorisierten Zahlungen (etwa bei Phishing), schnellere Rückerstattungen sicherzustellen. Bei offensichtlichen Betrugsfällen müssen sie beweisen, dass eine grob fahrlässige Handlung des Verbrauchers vorliegt, um sich von der Rückerstattung zu entbinden.
- (3) Höhere Transparenz und Informationspflichten: Die Richtlinie erfordert die klare und transparente Offenlegung von Wechselkursen, Gebühren (insbesondere Internationale Zahlungen) sowie Bearbeitungszeiten. Die Einführung von Standardformaten für die Informationsbereitstellung gilt es zu beachten -zum Beispiel für SEPA- oder Kartenzahlungen.
- (4) Bereitstellung Infrastruktur für Open Banking und Zugang zu Zahlungskonten: Finanzdienstleister müssen Drittdienstleistern wie Kontoinformationsdiensten sowie Zahlungsauslösediensten den Zugang gewähren. Hierzu müssen verbesserte API-Schnittstellen angeboten werden, die die Bereitstellung von Zahlungsauslöse- und Kontoinformationsdiensten nicht behindern.
- (5) Einhaltung lizenzrechtliche und organisatorische Anforderungen (PSD3): Weitere Anforderungen sind strengere Anforderungen an die Lizenzierung von Zahlungsdienstleistern, eine Nachweispflicht sowie eine klare Trennung von Zahlungsdiensten und anderen Geschäftsfeldern. Finanzdienstleister sind verpflichtet, die regelmäßige Überprüfung interner Kontrollmechanismen sicherzustellen und den Meldepflichten bei sicherheitsrelevanten Vorfällen oder erheblichen Risiken nachzukommen.
- (6) Enge Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden: Es gilt, die proaktive Meldung sicherheitsrelevanter Vorfälle an die nationalen und europäischen Aufsichtsbehörden (BaFin, EBA etc.) bei gleichzeitiger Einhaltung neuer Standards für die Berichterstattung und Dokumentation einzuhalten. Finanzdienstleister sind außerdem verpflichtet, an EU-weiten Überwachungsmechanismen (etwa durch die EBA koordinierte Marktanalysen) teilzunehmen.
Wie adesso Banken im Zahlungsverkehr unterstützt
Die Umsetzung der PSR- und PSD3-Vorgaben stellt viele Finanzinstitute vor komplexe technologische und regulatorische Herausforderungen. adesso begleitet Banken und Zahlungsdienstleister ganzheitlich auf dem Weg zur Compliance und digitalen Transformation im Zahlungsverkehr. Unsere Leistungen im Überblick:
- Bankfachliche Beratung: Gemeinsam analysieren wir, welche Anforderungen aus PSR und PSD3 für euch relevant sind und entwickeln konkrete Handlungsstrategien für eine fristgerechte Umsetzung.
- Technologieberatung und Systemintegration: Ob Echtzeitüberwachung, API-Management oder Sicherheitsarchitektur – wir modernisieren eure IT-Landschaft und integrieren neue Lösungen passgenau in eure bestehenden Systeme.
- Open-Banking-Enablement: Wir unterstützen euch bei der Entwicklung und Bereitstellung innovativer, regulierungskonformer Open-Banking-Angebote – inklusive API-Design, Consent-Management und Third-Party-Integration.
- Change- und Projektmanagement: Mit erfahrenen Projektteams sorgen wir für eine strukturierte Einführung aller Maßnahmen – agil, effizient und mit Blick auf regulatorische Fristen.
- Data und Fraud Intelligence: Unsere Fachleute helfen beim Aufbau leistungsfähiger Monitoring- und Fraud-Detection-Systeme, inklusive Reporting an Aufsichtsbehörden.
Mit adesso setzt ihr regulatorische Anforderungen nicht nur um – sondern schaffen zugleich die Basis für nachhaltige Innovationen im Zahlungsverkehr der Zukunft.
Fazit
Die neuen Regularien auf dem Zahlungsverkehrsmarkt stellen Banken und Finanzdienstleister vor neue Herausforderungen. Um die hohen Standards und Maßnahmen einzuhalten, müssen effiziente Systeme und IT-Landschaften bereitgestellt werden. Transparenz und Echtzeit-Monitoring stellen höchste Ansprüche an interne Systeme und Prozesse. Für eine wettbewerbsfähige Positionierung im Zahlungsverkehrswesen wird die Bereitstellung von API-Landschaften sowie die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle auf Basis von digitalen Ökosystemen und Open Banking zur Pflicht. Gleichzeitig müssen die internen Abläufe für Meldungen, Compliance und Reporting optimiert und die Maßnahmen zur Betrugserkennung und -vorbeugung auf höchstem Standard sichergestellt werden. Damit sind erhebliche Anpassungen der IT-Landschaft erforderlich. Diese betreffen die technische Sicherheit, die Schnittstellen, die Systemarchitektur, den Datenschutz und die Prozesse zur Einhaltung regulatorischer Vorgaben.
Wir unterstützen euch!
Ihr möchtet wissen, wie ihr die neuen PSR- und PSD3-Anforderungen nicht nur erfüllt, sondern daraus echten Mehrwert schöpft? Sprecht mit unseren Expertinnen und Experten – wir zeigen euch, wie ihr regulatorische Vorgaben effizient umsetze und gleichzeitig Innovationspotenziale wie Open Banking strategisch nutzen könnt.