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Die häufig als „sonstiges produzierendes Gewerbe“ bezeichnete Branchengruppe, zu der die Energie- und Wasserversorgung, die Abwasser- und Abfallentsorgung sowie das Baugewerbe gehören, erreicht bei der Digitalisierung das größte Wachstum. Dennoch bildet sie das „Schlusslicht“ aller Branchen. Das ergab eine Studie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz im Jahr 2022. Der Aufruf zur Ressourcenschonung, um die Klimaziele zu erreichen, gilt jedoch für alle Branchen und kann durch die Digitalisierung unterstützt werden. Im Fokus meines Blog-Beitrags steht die „Abfallwirtschaft“, mit der jeder von uns täglich in Berührung kommt. Doch was sind die Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung in der Abfallwirtschaft?

Der Begriff „Utilities“ steht allgemein für die öffentliche Daseinsvorsorge. Bei adesso liegt der Fokus der Line of Business Utilities auf der Energieversorgung. Dies begründet sich darin, dass die Energiewirtschaft als Schlüsselbranche aufgrund des hohen Investitionsvolumens, der regulatorischen Anforderungen und Standards sowie weiterer wirtschaftlicher Faktoren den größten Beitrag zur Digitalisierung leistet. Die Abfallwirtschaft trägt dagegen nur relativ wenig zu diesem Gruppenergebnis bei. Wie bereits erwähnt, ist nachhaltiges Handeln zur Erreichung der Klimaziele nicht nur bei der Energieeinsparung, sondern bei allen Ressourcen gefragt. Daher muss auch die Digitalisierung der Abfallwirtschaft vorangetrieben werden. Und wie in jeder Branche gibt es Herausforderungen zu meistern und Chancen zu nutzen.


Ergebnisse des Digitalisierungsindex nach Branchen In Indexpunkten; Erhebungsjahre 2020, 2021 und 2022, Quelle: https://www.iwkoeln.de/studien/jan-buechel-barbara-engels-status-quo-und-use-cases-in-deutschland.html

1. Herausforderung: Komplexität der Technologie

Für die Digitalisierung der Abfallwirtschaft muss eine Vielzahl von Technologien eingesetzt werden, wie Internet of Things (IoT), Big Data Analytics, künstliche Intelligenz und Blockchain. Die Integration dieser Technologien in bestehende Systeme und Prozesse kann komplex sein und erfordert spezialisiertes technisches Know-how. Laut dem „Digitalisierungsindex 2022“ verfügen kleine und mittlere Unternehmen häufig nicht über die internen Ressourcen oder das Know-how, um diese Technologien effizient einzusetzen.

2. Herausforderung: Standardisierung und Interoperabilität

Die Abfallwirtschaft umfasst eine Vielzahl von Akteuren wie Recycling- und Entsorgungsunternehmen, Behörden und Kundinnen sowie Kunden. Um die Vorteile der Digitalisierung voll ausschöpfen zu können, ist eine Standardisierung und Interoperabilität der Systeme und Daten erforderlich. Dies ermöglicht einen nahtlosen Informationsaustausch und eine effiziente Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren. Die Entwicklung gemeinsamer Standards und die Schaffung interoperabler Lösungen sind jedoch komplexe Aufgaben, die Zeit und Zusammenarbeit erfordern. Der Einsatz des Kommunikationsstandards AvaL (Austausch von auftragsbezogenen Leistungsdaten) soll hier zukünftig Informationslücken und ineffiziente Prozesse im Umgang mit Abfällen, die den Fortschritt der Abfallwirtschaft behindern, minimieren.

3. Herausforderung: Datensicherheit und Datenschutz

Die Vielzahl der Akteure in der Abfallwirtschaft erzeugt große Datenmengen, die gesammelt, analysiert und ausgetauscht werden müssen. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Daten sicher und geschützt sind, um Missbrauch und Datenschutzverletzungen zu verhindern. Die Unternehmen müssen robuste Sicherheitsmaßnahmen implementieren und sicherstellen, dass die Daten gemäß den geltenden Datenschutzbestimmungen behandelt werden.

4. Herausforderung: Akzeptanz und Veränderungsbereitschaft

Die Einführung digitaler Lösungen erfordert oft eine Anpassung der Arbeitsweise und kann auf Widerstand stoßen. Kleine und mittlere Unternehmen haben oft etablierte Arbeitsweisen und können skeptisch gegenüber Veränderungen in ihren Prozessen und Abläufen sein. Es ist wichtig, die Unternehmen über die Vorteile der Digitalisierung zu informieren und sie in den Umsetzungsprozess einzubeziehen. Schulungen und Sensibilisierungsmaßnahmen können dazu beitragen, die Akzeptanz und Veränderungsbereitschaft zu fördern.

5. Herausforderung: Bildung und Schulung

Die Digitalisierung der Abfallwirtschaft erfordert ein gewisses Maß an Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden, damit diese die neuen Technologien effektiv nutzen können. Kleine und mittlere Unternehmen verfügen möglicherweise nicht über die Ressourcen, um ihre Mitarbeitenden entsprechend zu schulen oder externes Fachwissen einzukaufen. Es ist wichtig, dass Schulungsprogramme und Bildungsinitiativen entwickelt werden, um den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln. Einen bundesweiten Anfang macht das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit dem Förderprojekt „Netzwerk Mittelstand-Digital“ und den neu eingerichteten Kompetenzzentren. Diese Zentren bieten kompetente und anbieterneutrale Anlaufstellen zur Information, Sensibilisierung und Qualifizierung: Hier können kleine und mittlere Unternehmen und Handwerksbetriebe anhand von Praxisbeispielen, Demonstratoren, Informationsveranstaltungen und gegenseitigem Austausch die Vorteile der Digitalisierung erleben.

6. Herausforderung: Integration in bestehende Systeme

Die Integration neuer Technologien in bestehende Systeme und Prozesse kann ebenfalls eine Herausforderung für die Digitalisierung darstellen – insbesondere dann, wenn Unternehmen Anlagen und Betriebsmittel verwenden, die nicht dem Stand der Technik entsprechen. Die nahtlose Integration neuer Technologien erfordert eine sorgfältige Planung und gegebenenfalls die Unterstützung durch IT-Expertinnen und Experten. Ansätze wie Retrofits, also die „Auf- oder Nachrüstung“ bestehender Maschinenparks mit moderner Sensor- oder Kommunikationstechnik, stellen hier eine kostengünstige Lösung für erste Schritte in die digitale Welt dar.

7. Herausforderung: Nachhaltigkeit und Umweltauswirkungen

Bei der Digitalisierung der Abfallwirtschaft ist es wichtig, Nachhaltigkeit und Umweltauswirkungen zu berücksichtigen. Der Einsatz digitaler Lösungen soll dazu beitragen, Ressourcen zu schonen und Umweltbelastungen zu reduzieren. Dies erfordert eine sorgfältige Auswahl der Technologien, eine Bewertung ihrer Umweltauswirkungen und ein generelles Umdenken von der Abfall- zur Kreislaufwirtschaft. Einheitliche und verbindliche Standards und Plattformen, die diese Transparenz gewährleisten, gibt es jedoch noch nicht. Ein aktueller Lösungsansatz ist die Einführung des Digitalen Produktpasses (DPP), der allerdings noch nicht verpflichtend ist. Dieser soll der fehlenden Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette entgegenwirken. Um eine effektive Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen, ist es wichtig zu wissen, woher die Abfälle kommen, welche Materialien sie enthalten und wie sie am besten wiederverwendet oder recycelt werden können. Eine digitale Lösung wie DPP, die eine lückenlose Rückverfolgbarkeit ermöglicht, könnte hier Abhilfe schaffen.

Fazit

Bereits heute ist deutlich zu spüren, dass die Digitalisierung in den letzten Jahren alle Branchen erfasst hat, so auch die Abfallwirtschaft. Die Einführung digitaler Technologien und Lösungen bietet große Chancen für eine effizientere Ressourcennutzung, eine verbesserte Prozesstransparenz und eine nachhaltigere Abfallwirtschaft. Dennoch stehen Unternehmen und Behörden vor einer Reihe von Herausforderungen, wie beispielsweise der Komplexität der Technologie, der Datensicherheit, der Standardisierung und der Akzeptanz von Veränderungen, die bewältigt werden müssen, um die Potenziale der Digitalisierung auszuschöpfen. Trotz der vielen Herausforderungen bietet die Digitalisierung der Abfallwirtschaft für viele Akteure auch Chancen und sogar schon (Teil-)Lösungen. Neben der Etablierung von Kommunikationsstandards und gesetzlichen Nachweispflichten gibt es viele weitere interessante und zukunftsweisende Lösungsansätze, um diese Chancen zu nutzen. Dazu zählen:

  • Einsatz von IoT-Technologien: Überwachung der Füllstände in Echtzeit durch Sensoren an den Abfallbehältern, um die Routenplanung für die Sammlung zu optimieren und Leerfahrten und Emissionen zu reduzieren
  • Big-Data-Analysen: Erkennung von Mustern und Trends im Abfallaufkommen und Optimierung der Entsorgungsprozesse
  • Blockchain-Technologie: Verbesserung der Transparenz und Rückverfolgbarkeit von Abfallströmen
  • Künstliche Intelligenz: Unterstützung der Abfalltrennung und -verwertung durch automatische Erkennung und Sortierung von Materialien
  • Retrofits (zum Beispiel Field Gateways): Effektivere und nachhaltigere Nutzung von Maschinen durch die Übertragung von Maschinendaten als Basis für eine effizientere Ressourcennutzung und Predictive Maintenance

Es ist wichtig, sich den Herausforderungen zu stellen, die Chancen zu nutzen und die notwendige staatliche Unterstützung bereitzustellen, um sicherzustellen, dass alle Akteure die Vorteile der Digitalisierung nutzen können. Durch eine effektive Digitalisierung kann die Abfallwirtschaft einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten.

Ist euer Interesse an diesem Thema geweckt? Habt ihr vielleicht schon eine Projekt- oder Produktidee, die durch unser Portfolio erweitert werden könnte? Dann nehmt doch unverbindlich Kontakt mit mir auf.

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Bild Julia Jäkel

Autorin Julia Jäkel

Julia Jäkel ist seit März 2023 als Projektmanagerin bei adesso tätig. Nach ihrem Studium der Umwelt- und Entsorgungstechnik und ersten Jobs in der Biogasbranche zog es sie immer mehr in die IT-Branche. Während ihres Studiums konnte sie bei einem Auslandsaufenthalt in Mendoza, Argentinien, die Aufklärungsarbeit von Kindern zum Thema „Ändere dein Verhalten, nicht das Klima“ unterstützen.

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