Menschen von oben fotografiert, die an einem Tisch sitzen.

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Tatort Soho House Berlin: Hier kamen am 12. März 2019 die Führungspersönlichkeiten verschiedener Pharma- und Medizintechnikunternehmen zusammen und diskutierten beim zweiten adesso LifeScience Executive Talk die Herausforderungen der Branche. Ein Thema, bei dem schnell Einigkeit herrschte – um gegen Länder wie die USA und China langfristig konkurrenzfähig zu bleiben, müsse man in Europa zusammenarbeiten. Die Digitalisierung erfordert dabei ein Umdenken auf allen Ebenen. Da passte es, dass der Veranstaltungsraum «Politbüro» hieß.

Ein offener Dialog – von Beginn an

„Was würden Sie heute machen, wenn es die Digitalisierung nicht gäbe? Sehen Sie sich als Treiber oder Getriebener?“ Mit seinen direkten Fragen sorgte der Moderator von Anfang an für einen offenen Austausch unter den 17 Teilnehmenden, die einen Nachmittag lang am runden Tisch mit unserem Life-Science-Team über berufliche Challenges sprachen.

Als Treiber würden sie sowohl im Unternehmen selbst als auch bei ihren Kundengruppen fungieren – und das sei nicht einfach, wie ein Director of Customer Operations erklärte: „Wie bringe ich als Pharmaunternehmen zum Beispiel Digital Sales Tools an den Arzt? Das ist wirklich schwierig. Und wie wir in Studien festgestellt haben, lassen sich die Widerstände weder durch Alter, Geschlecht noch durch einen Stadt-Land-Unterschied erklären.“ Eine stärkere Kundenorientierung gehört also zu den zentralen Erwartungen an die neue digitale Welt – was aber, wenn die eigene Zielgruppe davon erst überzeugt werden muss?

Im eigenen Unternehmen ist die Lösung eine Omnichannel-Strategie, erklärte ein Business Development Manager, denn Vertrauensaufbau kann nur teilweise über digitale Kanäle stattfinden. An bestimmten Punkten braucht der Mensch den Face-to-Face-Kontakt.

„Wir haben mit verschiedenen Gruppen von Patientenvertretern gesprochen, um die Bedürfnisse genau kennenzulernen und dabei erfahren, dass manchmal das medizinische Personal von den digitalen Werkzeugen der Patienten überfordert war.“, erzählte ein anderer Teilnehmer. Wie ihr euch vorstellen könnt, hebeln nämlich manche Patienten mit den neusten Apps und Wearables die klassische Arzt-Patienten-Beziehung aus.

Ein digitales Mindset muss innen und aussen stattfinden

Nicht nur auf Kundenseite muss ein „digitales Mindset“ erst entwickelt werden, sondern auch bei den eigenen Mitarbeitern. Wie schafft man das? In der Talkrunde wurden unterschiedliche Herangehensweisen benannt:

„Wir haben Reverse-Mentoring-Programme eingeführt. Neben harten Technologiethemen können erfahrene Mitarbeiter so in den Bereichen Arbeitskultur und -methodik, Zeitgeist und von der unverbauten Wahrnehmung junger Kollegen profitieren.“ erläuterte ein CIO.

Bei den nötigen Veränderungsprozessen kommt es darauf an, nicht den Fokus auf die aktiven Blockierer zu setzen, sondern auf die Early Adopter – also Mitarbeiter, die früh das Potenzial neuer Lösungen erkennen und darauf setzen. Sie müssen substanziell unterstützt und zu Multiplikatoren gemacht werden. Ein weiterer Teilnehmer erklärte, dass sein Pharmaunternehmen sogar Personaldiagnostikverfahren nutzt. Damit können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser durch Veränderungsprozesse begleitet, Ängste abgebaut und Positionen durch interne Wechsel richtig besetzt werden. Beim Recruiting werden außerdem potenzielle Kandidaten heute stärker auf ihr Persönlichkeitsprofil und ihre Haltung überprüft, die reinen Skills verlieren an Bedeutung.

Führung im Wandel

Neben Kunden und Mitarbeitenden müssen auch die Führungskräfte auf die Digitalisierung und ihre Prozesse vorbereitet werden, damit sie in ihre neuen Rollen hineinwachsen können. „Mein Team legt zum Teil einen höheren Speed an den Tag als ich und überrennt mich fast“, gibt ein Gast beispielsweise offen zu. „Als Führungskraft stehe ich dadurch zwischen einem fordernden, neu ausgerichteten Team und einem traditionellen Hierarchiekontext im Rest des Unternehmens. Das ist eine echte Herausforderung und es hat einiges an Zeit und Nerven gekostet, um einen gangbaren Weg zu finden.“

Um die Mitarbeitenden mitzunehmen und als Team zu vereinen, geht ein Teilnehmer weg vom Top-down-Management hin zum Prozessdenken und nutzt die Ansätze des Lean Managements. Dabei werden Fragestellungen erst einmal komplett auseinandergenommen, um dann Lösungen zu finden, statt diese vorzugeben. Davon lassen sich Mitarbeitende motivieren.

Steckt eine Strategie dahinter?

„Wie strategisch wird bei Ihnen die Digitalisierung vorangetrieben?“ lautet die Abschlussfrage. Die Antworten fielen unterschiedlich aus. Selbst in den großen Unternehmen wird das Thema eher projekthaft oder in einzelnen Abteilungen umgesetzt - zum Teil bereits seit 20 Jahren. Eine übergeordnete Strategie gibt es selten. Die Unternehmen stehen hier noch am Anfang der Reise, obwohl sich alle intensiv mit der Digitalisierung auseinandersetzen und sich der Bedeutung bewusst sind. Durch die Zusammenarbeit mit Startups und im Rahmen großer Public-Private-Partnerships, wie der Innovative Medicines Initiative (IMI) – einer Initiative zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von pharmazeutischen Forschungseinrichtungen in der EU – wird versucht, Geschwindigkeit aufzunehmen, sich zu vernetzen und Wissen von außen ins Unternehmen zu holen.

Fazit: Zusammen statt jeder für sich

„Statt sich hinter den Regulierungen, die in Europa gelten, zu verstecken, sollten wir sie als Chance sehen“, war der gemeinsame Tenor. Der Enthusiasmus für notwendige gemeinsame Lösungen war unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des LifeScience Executive Talks spürbar. Wir nehmen ihn mit für die Folgeveranstaltung am 2. Juli 2019!

Wenn ihr mehr über unsere Life-Science-Themen bei adesso erfahren wollt, werft einen Blick auf unsere Website.

Bild Eva Pauline  Bossow

Autorin Eva Pauline Bossow

Eva Pauline Bossow ist in zwei Funktionen tätig – als Marketing- und Kommunikationsleiterin der Line of Business Health der adesso AG sowie der Tochtergesellschaft MediOne GmbH.

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