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Die Angst vor einer Gasknappheit kurbelte im letzten Jahr die Verkäufe von Heizlüftern und anderen Elektroheizungen ordentlich an: Allein in der ersten Jahreshälfte des vergangenen Jahres sollen rund 600.000 Geräte über die deutschen Ladentheken gewandert sein, was einer Umsatzsteigerung von 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht. Zum August hin stieg diese Zahl auf fast 1 Million, vielerorts waren die elektrischen Heizungen sogar restlos ausverkauft.

Dabei beunruhigte vor allem die Aussicht auf den Winter viele der Käuferinnen und Käufer, die zu hohe Gaspreise oder eine Gasknappheit befürchteten und daher für den Ernstfall gewappnet sein wollten. Gleichzeitig warnten Medien sowie Expertinnen und Experten vor den Folgen des übermäßigen Einsatzes von Elektroheizungen: So war von erhöhter Brandgefahr und sogar von einem Blackout, also einem großflächigen Stromausfall, die Rede.

Doch wie genau könnte es zum Blackout kommen?

Elektroheizungen, seien es Radiatoren oder Heizlüfter, funktionieren alle nach dem gleichen Prinzip: Sie wandeln Strom in Wärme um. Während viele Varianten hierfür Heizleiter verwenden, wird bei einem Heizlüfter Umgebungsluft eingesaugt, erwärmt und nach Möglichkeit im Raum verteilt. Der Vorteil: Sie sind in der Regel kleiner als andere Heizgeräte und können leicht von einem Raum in den nächsten transportiert werden, was sie flexibel einsetzbar macht.

Ein Blackout ist das Ergebnis einer Überlastung des Stromnetzes, die durch die gleichzeitige Nutzung von vielen elektrischen Geräten oder anderweitigen Störungen im Stromnetz verursacht werden kann. Niedrige Erdgasreserven, der Ausstieg aus der Atom- und Kohlekraft sowie die volatile Einspeisung der erneuerbaren Energien verstärken das Risiko eines Stromausfalls. Zu der volatilen Einspeisung kommt noch die unvorhersehbare Stromnutzung, u. a. durch die Elektromobilität. So werden die Lastspitzen zum Feierabend hin immer größer und unberechenbarer. Obwohl Heizlüfter im Vergleich zu Elektroautos einen niedrigen Stromverbrauch haben, bestand die Befürchtung, dass die Geräte die eben erwähnten Lastspitzen unvorhersehbar in die Höhe treiben und so das Stromnetz destabilisieren könnten. Der Präsident der Bundesnetzagentur Klaus Müller kommentierte in einem Interview die Sorgen vor Stromausfällen, bedingt durch Heizlüfter, mit folgenden Worten: „Wir haben die Verkaufszahlen bei den Heizlüftern gesehen, aber das Gute ist: Die Geräte werden nicht eingeschaltet. Sie stehen im Keller.“

Junge Forscherinnen und Forscher vom Graduiertenkolleg der Reiner-Lemoine-Stiftung fanden zudem heraus, dass sogar ein großflächiger Einsatz von Heizlüftern nur wenig Auswirkungen auf die Netzstabilität gehabt hätte. Laut ihren computergestützten Simulationen und Berechnungen läge das Risiko für einen Blackout bei unter 5 Prozent, selbst wenn in jedem zehnten der knapp 19,7 Millionen Wohngebäude ein elektrisches Heizgerät in Betrieb wäre.


Anteil der Wohngebäude, die einem erhöhten Risiko von Stromausfällen ausgesetzt sind, Quelle: Graduiertenkolleg Energiesystemwende der Reiner-Lemoine-Stiftung

Also lohnt es sich, elektrisch zu heizen?

Hier lautet die klare Antwort: Nein! Egal ob Heizlüfter, Radiatoren oder andere Elektroheizungen: Sie sind in der Nutzung häufig teurer als eine konventionelle Gasheizung. Denn nicht nur Gas, sondern auch Strom ist teurer geworden: Laut Zahlen des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) stieg der Gaspreis zum April 2022 von 6 Cent pro Kilowattstunde im Vorjahr auf durchschnittlich 14 Cent pro Kilowattstunde an und gipfelte im vierten Quartal im Jahr 2022 bei etwa 20 Cent pro Kilowattstunde – eine Steigerung von über 300 Prozent! Im Januar 2023 wurde das Gas wieder etwas günstiger, eine Kilowattstunde Erdgas kostet aktuell etwa 13 Cent. Währenddessen stieg der Preis für Strom kontinuierlich von 32 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2021 auf 40 Cent im zweiten Halbjahr 2022. Aktuell kostet eine Kilowattstunde Strom im Mittel sogar 48 Cent.

Der durchschnittliche Jahresverbrauch an Gas im Haushalt liegt bei etwa 140 bis 160 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche für Heizung und Warmwasser. In Deutschland verfügt eine Wohnung im Durchschnitt über eine Fläche von 90 Quadratmetern und verbraucht dementsprechend 12.600 bis 14.400 Kilowattstunden Erdgas. Ein typisches Einfamilienhaus mit 150 Quadratmetern Wohnfläche verbraucht im Durchschnitt also rund 24.000 kWh Gas und käme bei den aktuellen Gaspreisen somit auf Heizkosten in Höhe von 3.120 Euro.

Gängige Heizlüfter verbrauchen in der kleinen Heizstufe etwa ein Kilowatt pro Stunde, auf den höheren Heizstufen verdoppelt sich dieser Wert. Zum Vergleich: Man möchte im gleichen Einfamilienhaus nun mit Strom statt mit Gas heizen. Dafür werden insgesamt vier Heizlüfter im Haus aufgestellt und bei durchschnittlichem Heizverhalten 15.330 Kilowattstunden Strom im Jahr verbraucht. Unter der Annahme, dass die Heizperiode von Oktober bis April dauert, 14 Stunden am Tag geheizt wird und vier Heizlüfter zu je 1.500 Watt durchschnittlicher Leistung betrieben werden, entstehen bei den aktuellen Strompreisen Heizkosten in Höhe von 7.350 Euro – Warmwasseraufbereitung nicht eingerechnet.

Was lernen wir daraus?

Das Heizen mit Strom statt mit Gas ist also mit deutlich höheren Kosten verbunden und birgt zudem noch hohe Verbrennungs- und Brandgefahren. Besser, als elektrisch zu heizen, ist es also, sparsam zu heizen und so Ressourcen zu schonen.

Weitere spannende Themen aus der adesso-Welt findet ihr in unseren bisher erschienen Blog-Beiträgen.

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Autorin Zoe Holdt

ist Beraterin für die Line of Business Utilities bei adesso und begleitet agile wie auch klassische Projekte in der Energiewirtschaft. Neben dem Projektgeschäft treibt sie die Entwicklung des Themenschwerpunkts Wasserstoff bei adesso weiter voran.

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Autorin Ellen Szczepaniak

Ellen Szczepaniak ist eine erfahrene Projektmanagerin mit Schwerpunkt in der Beratung von Unternehmen der Energiewirtschaft. In ihren Projekten hat sie sowohl Erfahrungen als Requirements Engineer und Scrum Master im agilen Umfeld als auch als Interaction Room Coach und Managementberaterin in klassischen Projekten gesammelt. Sie zeichnet sich insbesondere durch ihre strukturierte und analytische Vorgehensweise sowie ihre Expertise im Kontext der Energiewirtschaft und Elektromobilität aus.

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Autor Simon Bächle

Simon Bächle ist Berater für die Line of Business Utilities bei adesso. Seine Arbeitsschwerpunkte bilden das agile Projektmanagement sowie die Anwendung von Data Science in der Energiewirtschaft. Darüber hinaus beschäftigt er sich als Business Analyst im Forschungsprojekt VideKIS mit der Entwicklung eines neuartigen virtuellen Kraftwerks.

Kategorie:

Branchen

Schlagwörter:

Energiewirtschaft

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