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Als produzierendes Unternehmen sehen wir die Lagerbestände unserer Lieferanten im System, unser Kundenservice kann genau sagen, wann die Lieferung zugestellt wird. Engpässe gibt es nicht mehr, weil mit Hilfe von Predictive Monitoring die benötigten Mengen (nach-)bestellt wurden, um sie dem Kunden in kürzester Lieferzeit zur Verfügung zu stellen. Wäre das nicht wunderbar? In Zukunft ist das tatsächlich möglich.

Für dieses zentrale System, das Zugriff auf alle relevanten Informationen hat und mit Algorithmen zur Analyse und Entscheidungsfindung ausgestattet ist – etwa Machine Learning –, müssen einige Schritte vorbereitet werden. Auch die Meilensteine auf dem Weg dorthin sparen bereits manuelle Tätigkeiten und damit Zeit und Geld.

Datenerfassung

Die Basis für die selbst steuernde Lieferkette bildet eine zentrale Datenerfassung. Dies bedeutet, dass die eigenen Systeme (unter anderem ERP, WMS, TMS, CRM oder APS) mit Schnittstellen verbunden sind. Zudem gilt es, manuelle Teilprozesse zu eliminieren – beispielsweise mit Hilfe von Robotic Process Automation.

Darüber hinaus ist es wichtig, die Lieferanten (sukzessive) an das eigene System beziehungsweise die eigene Plattform anzubinden. Von den Transportdienstleistern müssen die Statusdaten (Zeitstempel der Scans im Verteilzentrum/GPS-Daten) der Sendungen in Echtzeit erhalten werden. Dazu müssen sie ebenfalls per Schnittstelle die Daten übermitteln.

Hierfür ist es zu Beginn sinnvoll, eine IT-Architektur zu definieren unter Berücksichtigung interner und externer Anforderungen, um eigene Richtlinien und Spezifikationen festzulegen.

Data Analytics

Nun geht es darum, die aggregierten Daten für das Unternehmen nutzbar zu machen und zu analysieren. In einem ersten Schritt werden die Daten übersichtlich und bedarfs- beziehungsweise nutzerspezifisch in einem Dashboard dargestellt. Damit wird eine Transparenz der Daten über die gesamte Lieferkette geschaffen und es können frühzeitig Anomalien erkannt werden.

Planabweichungen können in einem Dashboard visuell hervorgehoben und mit einem Alarm, zum Beispiel an den Kundenservice, versehen werden. So wird ein Wandel vom reaktiven zum proaktiven Kundenservice möglich. Durch die Integration von Predictive Analytics können aus historischen Daten Muster abgeleitet werden, um zukünftige Entwicklungen zu prognostizieren. Dies hilft beispielsweise bei der Optimierung von Einkaufs- und/oder Beschaffungsprognosen. Es gibt zahlreiche weitere Möglichkeiten, mit den Daten zu arbeiten. Welche Analysetools sinnvoll sind, hängt von den genauen Anforderungen ab.

Entscheidungsfindung

Spannend wird es, wenn integrierte Trade-off Analyzer (basierend auf Prescriptive Analytics) verschiedene Handlungsalternativen mit ihren Kosten- und Lieferzeitkomponenten darstellen. Stellt sich beispielsweise heraus, dass ein Vorprodukt für die geplante Produktion in der nächsten Kalenderwoche nicht rechtzeitig im Werk eintreffen wird, gibt es folgende Möglichkeiten:

  • Die Bestände anderer Standorte werden überprüft und deren Transportzeiten und -kosten ermittelt.
  • Es wird geprüft, ob das benötigte Produkt von einem anderen Lieferanten bezogen werden kann, einschließlich der Preise und der Änderung des Produktionsplans.

Auf Basis dieser umfassenden Kosten- und Zeitanalyse kann eine sinnvolle Entscheidung getroffen werden. Dabei wird der Blick von der linearen Lieferkette auf das gesamte Liefernetzwerk gelenkt, um alle Potenziale auszuschöpfen und kritische Kundenaufträge doch noch zu erfüllen.

Diese dynamischen Entscheidungsunterstützungssysteme sind derzeit noch nicht im Standard Control Tower enthalten. In Zusammenarbeit mit Data-Analytics-Expertinnen und -Experten können aber je nach Unternehmensbedarf entsprechende Lösungen aufgebaut werden.

Maßnahmen

Ähnlich wie beim autonomen Fahren wird die Verantwortung zunächst noch nicht vollständig abgegeben. Auf Basis der Zusammenstellung aller Alternativen inklusive einer Empfehlung kann ein Mensch über das weitere Vorgehen entscheiden. Durch das Vorliegen aller Informationen kann viel schneller gegengesteuert werden. Auch wird beim Eintreten eines unerwarteten Zustandes sofort eine Neuberechnung durchgeführt und nicht wie bisher auf feste monatliche/wöchentliche Planungszyklen gewartet.

Die getroffene Maßnahme wird vom System gespeichert, so dass es diese für zukünftige Situationen berücksichtigen und weiter lernen kann, was in den Bereich der Cognitive Analytics fällt. Sobald die Entscheidung für eine Handlungsalternative getroffen wurde, sollten die aktualisierten Informationen automatisch an die angeschlossenen Umsysteme weitergeleitet werden, damit die entsprechenden Teams (intern und extern) über die veränderte Situation informiert sind und handeln können.

Fazit

In einer selbststeuernden Lieferkette passen sich Produktion und Vertrieb automatisch an die sich ändernde Kundennachfrage an. In einem anderen Szenario können durch die Verfügbarkeit von Echtzeitinformationen auch bei verspäteten Lieferungen Gegenmaßnahmen ergriffen werden, um Produktionsstillstände zu vermeiden.

Dieses als Self-Driving Supply Chain bezeichnete Konzept ist ein Ansatz, um in Zukunft Waren durchgängig (von zahlreichen Lieferanten über verschiedene Produktionsstandorte bis hin zu zahlreichen Kundenadressen) bestmöglich zu transportieren. Dabei geht es nicht nur um Schnelligkeit, sondern auch um stabile Produktverfügbarkeit und durch Transparenz ist auch eine Konsolidierung der Transporte im Sinne der Nachhaltigkeit möglich.

Um dieses zukunftsorientierte Ziel zu erreichen, bedarf es einer engen Zusammenarbeit von Expertinnen und Experten aus Fachbereichen wie Einkauf, Logistik, Produktionsplanung und Absatzplanung mit IT-Expertinnen und Experten aus den Bereichen Enterprise Architecture Management und Data Analytics.

Wer sich zu diesem Thema austauschen möchte oder einen Kunden mit Bedarf kennt, kann sich gerne an mich wenden: Nadine.Lamprecht@adesso.de

Mehr über unsere Leistungen für Unternehmen im Bereich Maschinen- und Anlagenbau findet ihr auf unserer Website.

Weitere spannende Themen aus der adesso-Welt findet ihr in unseren bisher erschienen Blog-Beiträgen.

Glossar
  • Predictive Monitoring/Analytics nutzt historische Daten zur Vorhersage zukünftiger Ereignisse.
  • Maschinelles Lernen ist ein künstliches System, das aus Beispielen lernen und diese nach Abschluss der Lernphase verallgemeinern kann. Dazu bauen die Algorithmen des maschinellen Lernens ein statistisches Modell auf, das auf Trainingsdaten basiert und mittels Testdaten getestet wird. Es werden also nicht einfach Beispiele auswendig gelernt, sondern Muster und Gesetzmäßigkeiten in den Trainingsdaten erkannt.
  • Robotic Process Automation ist ein Ansatz zur Prozessautomatisierung, bei dem repetitive, manuelle, zeitintensive oder fehleranfällige Tätigkeiten von sogenannten Software-Robotern erlernt und automatisiert ausgeführt werden.
  • Prescriptive Analytics ist eine Form der Geschäftsanalyse, die Entscheidungsoptionen vorschlägt, wie eine zukünftige Chance genutzt oder ein zukünftiges Risiko gemindert werden kann, und die Auswirkungen jeder Entscheidungsoption aufzeigt.
  • Cognitive Analytics bezieht sich auf Aufgaben, die bisher nur von Menschen ausgeführt werden konnten. Kognitive Fähigkeiten sind zum Beispiel Abrufen von Wissen, Ausführen von Analysen, Verständnis, Synthese und Evaluierung (siehe Bloom’sche Taxonomie). Moderne KI-Technologien ermöglichen die maschinelle Unterstützung für Cognitive Analytics.
Bild Nadine Lamprecht

Autorin Nadine Lamprecht

Wenn es darum geht Ware, IT unterstützt, von A nach B zu versenden, ist Nadine Lamprecht die richtige Ansprechpartnerin. Durch mehrjährige Erfahrung bei einem großen Logistik- und Transportdienstleister hat sie Prozesswissen in folgenden Branchen erlangt: Life Science, Retail, Automotive, Manufacturing. Bei adesso ist sie als Beraterin im Team „Management Consulting“ der LoB Manufacturing Industry tätig.

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