1. Juni 2023 von Maximilian Hammes, Stephen Lorenzen und Jonas Schnorrenberg
Treibhausgas-Emissionen in Deutschland
Klimaziele im Visier oder aus der Sicht verloren?
Der Klimawandel und der damit einhergehende Anstieg der globalen Temperaturen haben weltweit massive Auswirkungen auf Mensch und Natur. Um diese Entwicklung zu stoppen oder zumindest zu verlangsamen, sind internationale und nationale Anstrengungen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen unerlässlich. Deutschland als Industrienation hat hierbei eine besondere Verantwortung und setzt sich ehrgeizige Ziele zur Verringerung der Treibhausgasemissionen. Doch wie sieht die aktuelle Bilanz aus und welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Emissionen zu reduzieren? In diesem Blog-Beitrag werden wir uns mit der aktuellen Treibhausgasbilanz Deutschlands beschäftigen und einen Überblick über die wichtigsten Fakten und Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen geben.
Hintergrundinformationen zur Treibhausgasbilanz Deutschlands
Die Treibhausgasbilanz Deutschlands wird vom Umweltbundesamt (UBA) erstellt, das die Emissionsdaten aus verschiedenen Quellen wie der Energiewirtschaft, der Industrie und dem Verkehrssektor zusammenführt und analysiert. Der jährliche Bericht gibt einen Überblick über die aktuellen Emissionswerte sowie die Entwicklung im Vergleich zum Vorjahr und zum Zieljahr 2030. Die Bilanz umfasst dabei verschiedene Treibhausgase wie Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Distickstoffoxid (N2O), die durch menschliche Aktivitäten wie Energieerzeugung, Verkehr oder Landwirtschaft entstehen. Historisch gesehen hat Deutschland in den letzten Jahrzehnten eine hohe Treibhausgasemissionsrate aufgewiesen (1990: 1,25 Milliarden Tonnen CO2e), wobei insbesondere die energiebedingten Emissionen aus Energieerzeugung und Transport (1990: 1,04 Milliarden Tonnen CO2e) für einen Großteil der Emissionen verantwortlich waren. Allerdings hat Deutschland in den letzten Jahren Fortschritte bei der Verringerung der Emissionen gemacht und sich das Ziel gesetzt, bis 2030 den Ausstoß um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 zu senken. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden in Deutschland verschiedene Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen ergriffen, die von der Förderung erneuerbarer Energien bis hin zur Einführung von CO2-Preisen reichen.
Aktuelle Treibhausgasbilanz Deutschlands
Laut den aktuellen Zahlen des UBAs sind die Treibhausgasemissionen in Deutschland im Jahr 2022 um 1,9 Prozent gesunken, was einem Rückgang um gut 15 Millionen Tonnen im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Insgesamt konnte Deutschland seit 1990 eine Senkung der Emissionen um 40,4 Prozent erreichen, was den Zielwerten des Bundesklimaschutzgesetzes (KSG) entspricht. Jedoch gab es im Energiesektor einen Anstieg der Treibhausgasemissionen um 4,4 Prozent, hauptsächlich aufgrund des vermehrten Einsatzes von Stein- und Braunkohle zur Stromerzeugung, obwohl auch Einsparungen beim Erdgasverbrauch erzielt wurden. Im Bereich Landnutzung und Forstwirtschaft konnte der Ausstoß von 4 Millionen Tonnen um minus 1,8 Millionen Tonnen reduziert werden, was darauf hinweist, dass Deutschland Maßnahmen zur Wiederaufforstung ergreift, um mehr Treibhausgase zu speichern. Allerdings macht dieser Bereich nur einen kleinen Teil der Gesamtemissionen aus. Obwohl die aktuellen Emissionen über den Tiefstwerten aus dem Jahr 2020 liegen, die aufgrund der Corona-Krise erreicht wurden, befinden wir uns immer noch unter dem Vor-Corona-Wert von 795 Millionen Tonnen aus dem Jahr 2019. Ziel ist es, bis 2030 nur noch insgesamt 440 Millionen Tonnen Treibhausgase auszustoßen.
Ursachen für die Treibhausgasemissionen in Deutschland
Die größten Emissionsquellen in Deutschland sind der Energiesektor (34 Prozent), die Industrie (22 Prozent) und der Verkehrssektor (20 Prozent). Die größten Emittenten waren 1990 der Energiesektor (38 Prozent), die Industrie (22 Prozent) und Gebäude (17 Prozent). Die Anteile von Landwirtschaft und Verkehr haben im Laufe der Jahre zugenommen, was für eine langsamere Reduzierung im Vergleich zu den anderen Sektoren spricht.
Im Energiesektor wird vor allem durch die Verbrennung von fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl und Gas CO2 freigesetzt. Hierbei entstehen auch Emissionen von Stickoxiden, Schwefeldioxid und Feinstaub, die negative Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit haben können. Der verstärkte Einsatz von Kohle zur Stromerzeugung hat in den letzten Jahren zu einem Anstieg der Treibhausgasemissionen im Energiesektor beigetragen.
In der Industrie werden Treibhausgase aufgrund der Herstellung von Produkten und der damit verbundenen Nutzung von Energie ausgestoßen. Die Industrie produziert eine Vielzahl von Waren: von Nahrungsmitteln über Kleidung bis hin zu Maschinen und Elektronik. Jeder Produktionsschritt erfordert eine bestimmte Menge an Energie, um Rohstoffe abzubauen, zu transportieren und zu verarbeiten. Besonders die Zement-Industrie hat mit rund zwei Prozent einen sehr großen Anteil an den Gesamtemissionen.
Im Verkehrssektor entstehen Emissionen durch die Verbrennung von Kraftstoffen wie Benzin und Diesel. Besonders der in den letzten Jahren zunehmende Straßenverkehr trägt vermehrt zum Ausstoß von Treibhausgasen bei.
Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen
Um die Emissionen im Energiesektor zu senken, hat die Bundesregierung bereits Anfang Juli 2022 das größte energiepolitische Gesetzespaket seit Jahrzehnten beschlossen. Darin wird der Ausbau der erneuerbaren Energien umfassend beschleunigt: zu Wasser, zu Land und auf dem Dach. Bis 2030 sollen mindestens 80 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs aus erneuerbaren Energien bezogen werden. Im Jahr 2022 lag der Anteil bei 46 Prozent.
Bezüglich der Industrie setzt die Bundesregierung auf den verstärkten Einsatz von Wasserstofftechnologien. Ein schneller Ausbau bis 2030 ist jedoch kritisch zu sehen, da bisher kaum eine Infrastruktur für Wasserstoff besteht und der meiste Wasserstoff aktuell noch aus Erdgas gewonnen wird. Alternativen sind Abscheidung und Speicherung von CO2 (Carbon Capture and Storage – CCS), die in Deutschland eher umstritten sind.
Im Verkehr wird der Fokus auf Elektroautos gelegt. Dazu hat die EU-Kommission im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets das Aus der klassischen Verbrenner-Motoren beschlossen. Alternativen bilden E-Fuels, die besonders im Großtransport zum Einsatz kommen sollen. Im privaten Bereich soll die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, zum Beispiel durch das 49-Euro-Deutschlandticket, sowie von Sharing-Angeboten gefördert werden. Der verstärkte Ausbau von Wärmepumpen soll im Gebäude-Sektor die Treibhausgasemissionen senken.
Fazit
Die Treibhausgasemissionen in Deutschland sind im Jahr 2022 um 1,9 Prozent gesunken. Deutschland hat seit 1990 insgesamt eine Reduktion der Emissionen um 40,4 Prozent erreicht. Der Energiesektor verzeichnete jedoch einen Anstieg der Emissionen um 4,4 Prozent, hauptsächlich aufgrund des vermehrten Einsatzes von Kohle. Die größten Emissionsquellen sind der Energiesektor, die Industrie und der Verkehrssektor. Um die Emissionen zu reduzieren, setzt Deutschland auf Maßnahmen wie den Ausbau erneuerbarer Energien, den verstärkten Einsatz von Wasserstofftechnologien und die Förderung von Elektroautos.
Für die Zukunft muss Deutschland stärker gegen den Klimawandel vorgehen und die Emissionen weiter senken. Hierbei sind eine schnellere und ambitionierte Umsetzung der Energiewende sowie eine Verkehrswende notwendig. Auch die Industrie muss die Treibhausgasemissionen stärker senken. Sektorübergreifend kann der Abbau von Bürokratie eine große Auswirkung haben, um den Ausbau zu erleichtern. Immer mehr Menschen werden für den Klimaschutz aktiv, wodurch politischer Druck entsteht, die notwendigen Maßnahmen umzusetzen. Deutschland hat das Potenzial, eine Vorreiterrolle im Klimaschutz zu übernehmen und somit einen wichtigen Beitrag zum Schutz unseres Planeten zu leisten.
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