29. April 2024 von Yelle Lieder
Green IT Strategie - Strategieentwicklung für eine nachhaltige IT
Trotz des wachsenden Bewusstseins für nachhaltige IT-Lösungen und der Verfügbarkeit entsprechender Werkzeuge bleibt die praktische Umsetzung in den Unternehmen oft hinter den Erwartungen zurück. Der Grund? Nicht fehlende Kompetenzen oder Technologien, sondern eine fehlende strategische Perspektive. In diesem Blog-Beitrag untersuche ich, warum Green-IT-Initiativen oft ins Leere laufen und welche Veränderungen notwendig sind, um eine effektive und nachhaltige IT-Strategie zu entwickeln.
Green IT-Initiativen fehlt die strategische Perspektive
Green-IT-Initiativen leiden allzu oft unter Aktionismus. Unternehmen folgen Trends wie „Green Coding“ und führen ziellos Tools zur Messung ihres IT-Footprints ein, ohne eine strategische Perspektive zu haben. Was passiert beispielsweise mit den Erkenntnissen aus der Messung und löst „Green Coding“ im aktuellen Reifegrad des Unternehmens überhaupt ein relevantes Problem? Dies führt zu endlosen Zyklen von Maßnahmen ohne messbare Ergebnisse. Hinzu kommen Lösungsanbieter, die mit vermeintlich schnellen Lösungen nach dem Motto „Wir haben einen Hammer, wo ist der Nagel“ Probleme adressieren, die für die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele nicht relevant sind. Effektive Green IT erfordert jedoch eine strategische Planung, die nicht versucht, das Rad neu zu erfinden, und die ökologische und ökonomische Ziele gleichermaßen berücksichtigt. Ein flexibler Plan, der sich an neue Erkenntnisse anpassen lässt und sich nahtlos in bestehende Umweltmanagementsysteme wie ISO 14001 oder EMAS integrieren lässt.
Weg zur erfolgreichen Umsetzung von Green IT
Um Green IT erfolgreich umzusetzen, müssen alle Ziele und Maßnahmen nahtlos in die übergeordneten Unternehmens-, IT- und Nachhaltigkeitsstrategien integriert werden. Isolierte Green IT-Initiativen, die nicht zu den Kernzielen des Unternehmens beitragen, können mehr Schaden als Nutzen anrichten. Daher ist es wichtig, jede Green IT-Aktivität sorgfältig zu prüfen und sicherzustellen, dass sie die übergeordneten Ziele unterstützt. Unkoordinierte Maßnahmen, die aus Idealismus entstehen, können Ressourcen verschwenden und das Erreichen anderer wichtiger Ziele behindern. Ein strategisch kohärenter Ansatz ist daher unerlässlich, um die Effektivität von Green IT-Initiativen zu maximieren und unproduktiven Wildwuchs zu vermeiden.
Strategische Dimensionen einer nachhaltigen IT
Die Vision des Zielreifegrades in Green IT muss klar definiert sein. Nicht jedes Unternehmen muss ein Top Performer in Green IT sein, sofern es die für sich relevanten Handlungsfelder gemäß Wesentlichkeitsanalyse bearbeitet. Die Entscheidung über das angestrebte Leistungsniveau beeinflusst jedoch die Tiefe der Anstrengungen und Investitionen. Für die Operationalisierung der Vision bietet das in Abbildung 1 dargestellte Strategy Hexagon eine gute Orientierung. Einige beispielhafte Fragen, die sich daraus für eine Green-IT-Strategie ergeben, werden im Folgenden diskutiert.
Welchen Zweck erfüllt die Green-IT-Strategie?
Eine Green-IT-Strategie muss einer klaren Zielsetzung folgen, sei es die Erhaltung einer lebenswerten Umwelt, die Erfüllung regulatorischer Anforderungen, die Erzielung positiver Kosteneffekte oder die Förderung von Nachhaltigkeit als Innovationsfaktor. Die strategische Ausrichtung basiert auf der definierten Vision und wird durch messbare Ergebnisse, beispielsweise mittels KPI-Baum oder OKRs, spezifiziert. Messbare Ziele reichen von der Reduktion aller residualen Emissionen – wie etwas bei der Science-Based-Targets-Initative vorgesehen – bis hin zur Vermeidung sämtlicher Elektronikabfälle.
Welchen Rahmenbedingungen unterliegt die die Green-IT -Strategie?
Die Rahmenbedingungen für Green IT-Aktivitäten sind vielschichtig und müssen bestehende IT- und Nachhaltigkeitsinitiativen sowie geplante Unternehmensvorhaben berücksichtigen. Ein anstehendes Resizing der IT-Infrastruktur oder Qualifizierungsmaßnahmen für Mitarbeitende sind Beispiele für Faktoren, die in die Planung einfließen müssen. Die Strategie und geplante Maßnahmen müssen diese Wechselwirkungen einbeziehen, um eine ganzheitliche und effektive Umsetzung zu gewährleisten.
Welchen Mehrwert soll die die Green-IT-Strategie liefern?
Die angestrebten Mehrwerte müssen klar definiert sein. Diese können von einem konkreten Beitrag zum Umweltschutz über die Ausrichtung der gesamten Organisation auf Nachhaltigkeit in der Außendarstellung bis hin zur Erfüllung neuer Anforderungen von Vergabeverfahren und Bedürfnissen der Endkundinnen und -kunden reichen. Es kann sich aber auch um die Einhaltung von Vorschriften handeln, um die Senkung der Betriebskosten durch Stromeinsparungen oder um die Minimierung der Anschaffungskosten für neue IT-Hardware.
Welche Stärken und Schwächen der Organisation beeinflussen die Green-IT-Strategie?
Für eine effektive Green IT-Strategie ist es wichtig, die internen Stärken und Schwächen, die einen Einfluss auf Green IT haben, klar zu identifizieren. Dazu gehören die Bewertung der vorhandenen Kompetenzen, mögliche externe Einschränkungen und die Abhängigkeit von Lieferanten. Auch die Identifikation interner Vorreiter und die Einordnung der Managementunterstützung sind zentral. Eine fokussierte Analyse hilft, Stärken gezielt zu nutzen und Schwächen anzugehen.
Welches ist das Passende Vorgehen für die Umsetzung der Green-IT-Strategie?
Die Umsetzung einer Green-IT-Strategie erfordert eine Balance zwischen Quick Wins und langfristigen Projekten. Quick Wins sind sinnvoll, um sich schnell Unterstützung zu sichern und die Strategie zu validieren. Bei einer starken internen Überzeugung für Green IT können jedoch frühzeitig langfristige Maßnahmen initiiert werden, während parallel Quick Wins umgesetzt werden.
Welche Kulturellen Besonderheiten wirken sich auf die Green-IT-Strategie aus?
Es ist zu klären, ob Anreize für die Verantwortlichen notwendig sind, um Maßnahmen zu integrieren, oder ob bereits ein starkes Engagement für Nachhaltigkeit vorhanden ist, das lediglich koordiniert werden muss. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob Initiativen von oben nach unten verordnet oder von unten nach oben durch die aktive Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestaltet werden können. Die Entscheidungsfindung - sei sie datenbasiert oder auf anekdotischen Erfahrungen
tischen Erfahrungen - sowie die Grundwerte der Organisation, ob sie Nachhaltigkeit als Kernanliegen oder als Nebensache betrachtet, spielen ebenfalls eine Rolle. Eine Strategie, die zur Kultur passt, fördert Akzeptanz, Eigeninitiative und unterstützt nachhaltigen Erfolg.
Von der Strategie zur Umsetzung
Eine Strategie allein bringt natürlich noch keinen Mehrwert für die Umwelt. Ist die strategische Ausrichtung abgestimmt, folgt die Umsetzung der Strategie zur Identifizierung, Bewertung und Planung konkreter Verbesserungsmaßnahmen.
Green-IT-Reifegradbestimmung und Wirkungsabschätzung
Nach der Festlegung der Ziele und der Methodik einer Green-IT-Strategie ist es wichtig, konkrete Handlungsfelder - wie in Abbildung 1 dargestellt - zu definieren, indem der Reifegrad und die potenzielle Wirkung auf die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele bewertet werden. Diese Analyse zeigt die Bereiche mit dem größten Verbesserungspotenzial auf und vermeidet ineffiziente Maßnahmen. Die Analyse umfasst die Einhaltung von Best Practices sowie die Quantifizierung des Ressourcenverbrauchs, um zielgerichtete KPIs für Optimierungen zu definieren. Diese Bewertung ermöglicht eine Priorisierung der Maßnahmen unter Berücksichtigung weiterer Gewichtungsfaktoren wie finanzieller Aufwand und Planungshorizont. Mehr zu den relevanten Gewerken einer nachhaltigen Unternehmens-IT findet ihr in diesem Blog-Beitrag.
Maßnahmenplanung für die Umsetzung von Green IT
In der letzten Phase der Green-IT-Strategieentwicklung liegt der Schwerpunkt auf der Maßnahmenplanung. Dringende Maßnahmen erfordern eine detaillierte Planung zur sofortigen Umsetzung, während mittel- bis langfristige Initiativen zunächst grob skizziert werden können, um Raum für Rahmenbedingungen zu lassen. Eine zu detaillierte Vorausplanung ist oft ineffizient, eine flexible Anpassung und regelmäßige Überprüfung der Pläne wird empfohlen. Auf diese Weise bleibt die Strategie aktuell und wirksam.
Tipps aus Green-IT-Projekten
Bei der Umsetzung von Green-IT-Strategien haben sich einige wichtige Prinzipien herauskristallisiert:
- Pragmatismus: Es ist besser, bescheiden anzufangen, als auf den perfekten Plan zu warten. Selbst einfache Maßnahmen können signifikante Auswirkungen haben, wie zum Beispiel das Abschalten von Diensten außerhalb der Geschäftszeiten.
- Fehlertoleranz: Genauigkeit ist wichtig, aber der Schwerpunkt sollte auf Verbesserungen und nicht auf perfekten Messungen liegen.
- Management Buy-In: Für die meisten Green IT-Maßnahmen können überzeugende Business Cases entwickelt werden.
- Organisatorische Herausforderungen: Green IT hat oft mehr mit Organisation als mit Technologie zu tun. Ein strategischer Fokus ist entscheidend für die Nachhaltigkeit der Maßnahmen.
Der richtige Zeitpunkt ist jetzt
Für eine erfolgreiche Green-IT-Strategie ist ein gezielter Kompetenzaufbau entscheidend. Ein durchdachtes Qualifizierungsprogramm stellt sicher, dass Nachhaltigkeitsbeauftragte und IT-Verantwortliche die gleiche Sprache sprechen. Die Integration einer Green-IT-Strategie in die Nachhaltigkeitsbestrebungen des Unternehmens ist unerlässlich, da zukünftig alle Unternehmensbereiche einen Beitrag zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele leisten müssen. Bei allen strategischen Überlegungen ist es jedoch wichtig, heute zu beginnen. Eine vorläufige Strategie, die heute mit geringem Detaillierungsgrad in die Umsetzung geht, ist besser als eine perfekte Strategie, die erst in zwei Jahren auf die Verfügbarkeit von Daten und Kompetenzen wartet.
Weitere spannende Themen aus der adesso-Welt findet ihr in unseren bisher erschienenen Blog-Beiträgen.
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