Menschen von oben fotografiert, die an einem Tisch sitzen.

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Um mit euch ins Thema einzusteigen, möchte ich zunächst etwas genauer auf die Begrifflichkeiten „Digitization“, „Digitalisierung“ und „Digitale Transformation“ eingehen:

  • Digitization (oder etwas umständlicher: Analog-Digital-Wandlung) meint die Übertragung von Informationen von einem analogen auf einen digitalen Träger. Beispiele dafür wären CDs oder das Speichern von Daten - beispielsweise Adressen - im Computer. Prominente Beispiele für eine erfolgreiche „Digitization“ gibt es viele – dazu gehören etwa die vielen betrieblichen Informationssysteme bei Versicherungen, Banken und anderen Unternehmen, mit denen Verträge und Konten der Kunden verwaltet werden.
  • Digitalisierung bezeichnet die Übertragung von Geschäftsprozessen in ein digitales Medium. Ein Beispiel ist der Einkauf von Büchern über das Web. Hier wird das analoge Verkaufserlebnis in ein digitales umgewandelt. Ihr als Käufer legt eure Bücher buchstäblich in einen digitalen Warenkorb, müsst zur digitalen Kasse gehen und erhaltet wenig später euer Buch. Der Handel mit Musik ist sogar volldigitalisiert. Hier könnt ihr beispielsweise im iTunes Store ein digitales Musikalbum kaufen und es wird direkt auf euer Smartphone übertragen.
  • Digitale Transformation umschreibt den Wandel der Geschäftswelt sowie der Gesellschaft und zwar aufgrund der Auswirkungen durch die Einführung digitaler Technik. Ein Beispiel für den gesellschaftlichen Wandel, das euch sicherlich allen bekannt ist, ist die Verlagerung von Kommunikation auf soziale Netzwerke. Unter „neuen Geschäftsmodellen“ sind unter anderem Musik-Streaming-Dienste zu verstehen. Ihr als Kunden bezahlt dafür einen Pauschalpreis pro Monat und die jeweiligen Künstler werden nach der Anzahl konsumierter Musikstücke entlohnt.

Wenn ihr mehr erfahren möchtet, werft auch einen Blick in den Artikel „Quo vadis Requirements Engineering - Bist du Gestalter, Manager oder Ingenieur?“

Digitalisierung und Digitale Transformation sind anders

Stark verkürzt kann man sagen, dass sich ein Großteil der Geschichte der Softwareentwicklung und damit auch des RE im Kontext der Digitization abgespielt hat. Das spiegelt sich auch in den genutzten Methoden und Techniken wieder. Diese sind nämlich auf die Analyse und Spezifikation verstandener analoger Vorbilder, mit dem Ziel, sie in IT abzubilden, fokussiert.

Wie lassen sich „Digitalisierung“ und „Digitale Transformation“ abgrenzen?

a) Bei der Digitalisierung existieren analoge Vorbilder. Es kann aber keinesfalls sichergestellt werden, dass Nutzer das Digitale dem Analogen auch tatsächlich vorziehen – etwa beim Bücherkauf (Internet vs. Buchladen). Folglich müssen digitale Prozesse nicht nur technisch gut gemacht sein, sie müssen auch von den Nutzern akzeptiert werden.

b) Bei der Digitalen Transformation existieren keine analogen Vorbilder und entsprechend unsicher dürfte damit auch die Akzeptanz sein. Ein Beispiel hierfür ist das sogenannte Second Life. Dieses Projekt war in den Anfangsjahren revolutionär, hat aber im Laufe der Zeit die Erwartungen nicht erfüllt und ist mittlerweile im Vergleich zu anderen Entwicklungen uninteressant geworden.

Die beiden Themen „Digitalisierung“ und „Digitale Transformation“ bedeuten jedoch in jedem Fall neue Herausforderungen. Es muss nicht bloß Software entwickelt werden, meistens wird gleich ein ganzes Ökosystem gestaltet. Daher fällt Stakeholdern das Formulieren klarer Anforderungen in der Regel schwer und RE kommt an seine methodischen Grenzen.

Digital Design als neues Rollenideal

Es braucht also eine neue Profession in der IT. Bitkom nennt sie „Digital Design“ und hat ein Manifest veröffentlicht, um Digital Design als neue Profession für die Digitalisierung zu etablieren:

Digital Design Professionals verstehen Digitalisierung als gestaltbares Material. Sie durchdenken die Möglichkeiten und Potenziale der Technologie in Kombination mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den Bedürfnissen der Menschen. Durch diese Mischung können Digital Designer erfolgsversprechende Produktideen gemeinsam mit allen relevanten Stakeholdern erdenken und realisieren. Und natürlich bleibt der systematische Umgang mit den jeweiligen Anforderungen weiterhin eine Schlüsselkompetenz, denn strukturierte Anforderungen sind die Grundlage für jeden Entwicklungsprozess. Was sich verändert, ist die Art und Weise, wie man zu den Anforderungen gelangt.

Ihr findet diese Gedanken spannend oder seid überhaupt nicht meiner Meinung? Dann kommt doch einfach am 11. März 2019 zur ReConf19 nach München. Dort beschreibe ich in meinem Impulsvortrag „Beyond RE ist Digital Design“ die Notwendigkeit von Digital Design, stelle das Kompetenzspektrum vor und illustriere Anhand von Beispielen, wie Digital Design die Softwareentwicklung verändern wird. Trotz allem bleibt RE unentbehrlich.

Wie man Digital Designer wird, erfahrt ihr, neben anderen Erklärungen zum Thema, auf unserer Website.

Bild Kim Lauenroth

Autor Dr. Kim Lauenroth

Dr. Kim Lauenroth ist Chief Requirements Engineer bei adesso und verfügt über mehr als 10 Jahre Erfahrung im Software und Requirements Engineering in verschiedensten Domänen. Er spricht regelmäßig zum Thema RE auf internationalen Tagungen und engagiert sich an Hochschulen und im IREB e.V. für die Aus- und Weiterbildung im Requirements Engineering.

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