Mit messbarem Customer Experience Management den Überblick gewinnen

In einer zunehmend technischen Welt, in der der Kundenzugang und die digitale Kommunikation mit dem Kunden immer mehr in den Mittelpunkt rücken, wird die Steuerungsfähigkeit der relevanten Kundenkontaktpunkte für Unternehmen immer bedeutsamer: sprich das „Customer Experience Management“, also das Management des Kundenerlebnisses und der damit einhergehenden Kundenerwartungen an Produkte und Dienstleistungen von Unternehmen. Wir möchten Ihnen hier darstellen, wie es Ihnen gelingen kann, an Ihrem Kunden dranzubleiben und ihn an den relevanten Kontaktpunkten Ihrer Organisation nicht aus den Augen zu verlieren.

Ein Beitrag von Michael Kemper & Joonas Trojan

Ziel: Den Kontakt zum Kunden halten

Sich verändernde Kundenansprüche und der Wettbewerb um den direkten Kontakt zum Kunden zwischen Herstellern, Dienstleistern und Plattformanbietern zwingen Unternehmen, ihre Steuerungsstrukturen auf die Probe zu stellen. Die Erwartungen und Erlebnisse des Kunden in der Interaktion mit dem Unternehmen sind entscheidend. An jedem dieser Kontaktpunkte kann es zu positiven wie negativen Erlebnissen kommen. So bieten vor allem relevante Kontaktpunkte die Gefahr, dass fast 90 Prozent der Kunden, so eine Oracle-Studie zum Thema, bei Enttäuschung den Anbieter wechseln.

Da sich zukünftige Entwicklungen im digitalen Zeitalter nicht eindeutig vorhersagen lassen, benötigt die aktuelle Wirksamkeit von Lösungen eine permanente Überprüfung. Dabei unterstützt das Management des Kundenerlebnisses mit folgenden Aspekten:

  • Entwicklung eines praxisnahen Kundenverständnisses
  • Verständnis über Resonanz und Wirksamkeit von Services bei sich verändernden Marktmechanismen
  • Lenkung von Investitionen in die aus Kundensicht entscheidenden Bereiche
  • Stärkung der Kundenbindung

So können Services und Angebote gestaltet werden, die positive Kundenerlebnisse ermöglichen, aber auch die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens berücksichtigen. Investitionen werden auf die wirklich relevanten Kontaktpunkte ausgerichtet. Denn gerade hier werden die Versprechungen des Unternehmens für den Kunden spürbar– was ihm erfahrungsgemäß besonders positiv in Erinnerung bleibt.

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Entscheidende Messpunkte auf der Reise zum Kern der Angelegenheit

Aus den Zielen zum Management des Kundenerlebnisses ergeben sich Anforderungen an Messparameter und -verfahren:

  • Welche Parameter sind entscheidend, die eine einfache, aber reproduzierbare Auswertung der Kontaktpunkte des Kunden mit den Services oder der Unternehmensmarke erlauben?
Dazu werden folgende Aspekte betrachtet:

Erwartungen: Welche Motive, Einstellungen oder Fragen stellt sich der Kunde in der Situation, in der er mit dem Unternehmen in Kontakt tritt?

Touchpoints: Welche Kontaktpunkte hat der Kunde mit dem Unternehmen?

Erlebnisse: Welche positiven oder negativen Erlebnisse erfährt der Kunde am Kontaktpunkt?

Relevanz: Welche Bedeutung hat ein Kontaktpunkt in der jeweiligen Situation?

Bindungspotential: Würde der Kunde das Unternehmen und seine Angebote weiterempfehlen und erneut bei diesem Unternehmen einkaufen?

Ownerschaft: Sind die Kontaktpunkte unter Kontrolle des Unternehmens oder werden sie durch Dritte verbreitet?

Traditionelle Messmethoden wie zum Beispiel der Net Promoter Score oder das Conversion-Modell, die die Kundenzufriedenheit und das Commitment gegenüber dem Unternehmen messen, stoßen beim Abbilden des Kundenverhaltens an ihre Grenzen. Zumeist zeigen sie nur einen kleinen Ausschnitt der Realität und erfassen neue Entwicklungen unzureichend. Hierzu ist eine Denkweise notwendig, die die Anwendung von Verfahren ermöglicht, die die Optionen des Unternehmens aus der Perspektive des Kunden reflektiert und dann entsprechend zielgerichtet nach außen handelt („Outside-in & Inside-out“). Bei der Interpretation von Kennzahlen wird - neben der Betrachtung materieller Fakten - über die „Zwischentöne“ der menschlichen Interaktion gelernt, worauf es dem Kunden wirklich ankommt und wie die Dinge insgesamt zusammenhängen. Im Fokus stehen bei der Messung daher die Identifikation der relevanten Kontaktpunkte und die damit verbundenen Kundenerlebnisse.

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Den Weg des Kunden schrittweise verstehen

All die digitalen, analogen und persönlichen Kontaktpunkte werden identifiziert, die ein markentypisches Erlebnis im Sinne des Kundenversprechens schaffen und zu einer rentablen Kaufentscheidung und Weiterempfehlung beitragen. Zur genaueren Untersuchung ist die Entstehung von Erlebnissen detaillierter zu betrachten: Positive oder negative Reaktionen sind eng verbunden mit der Haltung, der Erfahrung und den damit verbundenen Erwartungen und dem Bedarf des Einzelnen. Akzeptierte Beziehungs- und Kommunikationsmittel sind altersspezifisch. Dieses Kundenverständnis ist bei der Analyse unabdingbar.

  • Wie werden die quantitativen Parameter zur Erlebnis- und Relevanz-Messung ermittelt und welche Formate werden zur Modellierung benötigt?
Schritt 1: Zielvorstellung entwickeln

Mit dem Kundenbeziehungsmodell und dem Kundenwertversprechen wird ein Zielbild geschaffen, an dem sich die Messverfahren orientieren können.

Schritt 2: In den Schuhen des Kunden unterwegs sein

Auf der erlebnisreichen Kundensafari wird die Kundenperspektive eingenommen und ein gemeinsames Verständnis der Fragestellungen, Motive und Erwartungen der Kunden an den Kontaktpunkten ermittelt. Es werden Geschichten gesammelt: Hier geht es um die Frage, was, wie und mit wem der Kunde Kontaktpunkte erlebt hat. So werden Eindrücke gewonnen, welche Services wirklich relevant sind, die in einem Erlebnis- und Kundenprofil-Repository (Persona) gesichert werden.

Schritt 3: Das Wesentliche fokussieren

In Kundenworkshops werden alle Kontaktpunkte entlang des Kundenalltags, der „Customer Journey“, identifiziert. Die Wichtigkeit der Kontaktpunkte sowie die Wiederkaufabsicht und die Empfehlungsbereitschaft werden gemessen:

  • Wie wichtig ist Ihnen dieser Kontaktpunkt (auf einer Skala von 0 bis 10)?
  • Würden Sie an diesem Kontaktpunkt wieder kaufen (0 bis 10)?
  • Würden Sie diesen Kontaktpunkt weiterempfehlen (0 bis 10)?

So wird ausgeschlossen, dass Energie in eine Leistung investiert wird, die für den Kunden unerheblich ist. Bei der Darstellung der Messwerte unterstützt die Visualisierung mit Erlebnis- und Kontaktpunktnotationen, die das Verständnis erhöhen.

Schritt 4: Erlebnisse aufschlüsseln und strukturieren

In der Customer Experience Map werden die relevanten Kontaktpunkte genauer untersucht. Dort werden aktuelle Erlebnisse gemessen:

  • WOW – damit habe ich nicht gerechnet – Begeisterung führt zur Weiterempfehlung
  • Gewünscht – davon habe ich bereits gehört
  • Erwartet – damit rechne ich
  • Unerfüllt – meine Erwartungen bleiben aus
  • Schockierend – hier kaufe ich nicht mehr

Die Kontaktpunkte zeigen eine aktuelle und zukünftige Erlebniskurve auf. Daran lässt sich der Innovationsbedarf festlegen.


Customer Experience Map

Schritt 5: Lösungsbereich identifizieren

Die identifizierten Kontaktpunkte beschreiben Kundenerlebnis und Relevanz, aber auch die Steuerungsfähigkeit beziehungsweise die Eigentümerschaft eines Kontaktpunktes. Relevante Kontaktpunkte sollten unter eigener Kontrolle geführt werden. Alle Ergebnisse werden in der Touchpoint Performance Matrix zusammengefasst. Damit wird eine Entscheidungsarchitektur geschaffen, die Prioritäten und Handlungsfelder für die Lösungsstrategie festzulegen hilft.


Touchpoint Performance Matrix

Schritt 6: Wirksamkeit überprüfen

Da sich das Kundenverhalten und die Erwartungen in einem ständigen Wandel befinden, wird die Wirksamkeit neuer Lösungen in iterativen Zyklen immer wieder auf die Probe gestellt. Dabei wird der Kunde in den Feedbackprozess einbezogen.

Daraus ergibt sich für das Customer Experience Management folgender Regelprozess:

1. Kontaktpunkte und Kundenerlebnisse im Customer Journey erfassen und mit der Customer Experience Map auswerten.

2. Lösungen an den relevanten Kontaktpunkten gemäß der Touchpoint-Performance-Matrix gestalten.

3. Umsetzen und ausprobieren - Wirksamkeitsprüfung neuer Lösungen mit den Kunden und Überprüfen der Touchpoint Performance.


Regelprozess

Wenn sich Unternehmen dazu entschließen, Customer Experience Management als zentrale Erfolgsgröße zu integrieren und entsprechende Lösungsangebote zu entwickeln, ist die Frage entscheidend, ob diese neuen Lösungen vom Kunden angenommen werden und ob diese das Kundenerlebnis tatsächlich nachhaltig verbessern. Bei einer Verfahrensweise nach unserem Verständnis ist es unverzichtbar, den Kunden in den Feedbackprozess einzubeziehen.

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Über die Autoren

Michael Kemper ist Managing Consultant für Digitale Business Architekturen und Transformation bei der adesso AG. Seine Schwerpunkte liegen in der Entwicklung von Digital Business & Work, Customer Experience Design und in der Organisationsentwicklung. Er unterstützt Führungsteams, Chancen in vernetzten Zukunftsmärkten frühzeitig zu erkennen. Dabei kommen ihm seine Erfahrungen in der Corporate-Citizenship-Pionierarbeit zur interkulturellen Vernetzung von Bildung, Wirtschaft und Politik zugute, die Gegenstand nationaler Auszeichnungen war.

E-Mail: kemper@adesso.de

Joonas Trojan ist Consultant im Bereich Digitalisierung der adesso AG. Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Digitalisierung in der Branche Retail und baut in diesem Rahmen das Retail-Portfolio bei adesso aus.

E-Mail: joonas.trojan@adesso.de

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